Jetzt eigenen Erlebnisbericht schreiben
Schreibe jetzt deinen ganz persönlichen Erlebnisbericht vom Fallschirmspringen und Tandemspringen und lass andere daran teilhaben!
Von Suha Geisler: Gestern war es endlich so weit. Ein einhalb Monate nach meinem Theoriekurs ging es gestern endlich in die Luft. Hier nun mein vollkommen subjektiver Erfahrungsbericht:
Gegen 11 Uhr kam ich am Flugplatz an, der aufgrund der Sprungwoche schon stark besucht war. Ich wurde für den zweiten Load, also den zweiten Start des Flugzeugs an diesem Tag eingeteilt. Es hieß also zunächst: Warten...
Das Wetter an diesem Tag war perfekt, keine Wolke am Himmel, kaum Wind, fast 30°C im Schatten.
Gegen ca. 13 Uhr ging es dann für mich los, Sprung-Kombi aussuchen (natürlich Größe XXL) und anziehen, Helm, Sprungbrille, Höhenmesser, Funkgerät zusammen suchen. Es passte alles. Dann das Gurtzeug anziehen. Schon schwer so ein Fallschirm am Boden und aufgrund der fest angezogenen Beingurte schränkte es auch das Laufen ein wenig ein, aber man will ja keine Spaziergang mit dem Ding machen.
Nachdem ich dann noch einmal mit meinen beiden Instruktoren den Exit, also das Verlassen des Flugzeugs geübt hatte ging es schon einmal über den Platz zum Flugzeug. Und da stieg die Anspannung...
14 Springer standen vor dem Flugzeug und warteten darauf einzusteigen. Nachdem die Reihenfolge geklärt wurde (Wer zu letzt einsteigt springt zu erst raus) ging es mit meinen Instruktoren als letztes AFF-Team in den Flieger. Nach mir kamen dann nur noch Lizenzspringer. Beim Einsteigen wurde dann nochmals der Exit geprobt, bis auf eine Kleinigkeit machte ich alles richtig.
Im Flugzeug wurde es dann richtig eng. Sitze gibt es natürlich nicht, man sitzt auf dem Boden und zwar dicht an dicht und mit dem Rücken zur Flugrichtung. Das war dann auch schon das erste kuriose Erlebnis: Rückwärts starten und fliegen mit dem Blick zur Tür, wobei die Tür nur aus einer fast transparenten Rolladen-Konstruktion besteht, die also einfach hochgerollt werden kann.
Nach 300 Metern konnte wieder der Helm abgenommen werden. Bei 1700 Metern und 2000 Metern sagte ich meinen Instruktoren, was ich im Freifall bei diesen Höhen tuen würde. Insgesamt dauerte der Aufstieg ca. 10 bis 15 Minuten. Mein Zeitgefühl war sehr verschwommen. Ständig kreisten mir Gedanken durch den Kopf wie "Mein Gott ist das hoch..." - "Durchatmen..." - "Konzentrier dich auf das Programm..." - "Gleich ist es so weit...".
Beim Level 1 Sprung handelt es sich um den ersten Sprung der Ausbildung. Primäres Ziel des Sprungs ist das selbständige Ziehen des Fallschirms in der richtigen Höhe. Und so sollte der Sprung komplett ablaufen:
Man sieht, man hat ganz schön viel zu tun. Und vor allem, weil ich nichts davon schon einmal gemacht habe ist es für mich die ganze Zeit ziemlicher Stress gewesen.
Bei 3500 Metern begannen die Vorbereitungen, Brille aufsetzen, Helm aufsetzen, Funkgerät checken.
Ich kniete mich auf Kommando meiner Instruktoren hin und drehte mich in Richtung Flugrichtung.
Die Tür wurde hochgeschoben und es wurde laut und kalt, angenehm kalt. Meine Lehrer griffen mein Gurtzeug in Höhe meines Beckens. "Jetzt wird es ernst...". Die Springer vor mir begannen aus dem Flugzeug zu springen. Ich drehte meinen Kopf in Richtung Tür und konnte sehen wie sie sprangen und ich nahm die 4000 Meter Höhe richtig wahr.
Doch schon hatten alle vor mir das Flugzeug verlassen. "Jetzt geht es los... - Was machst du hier eigentlich?!". Mein äußerer Instruktor stellte sich außerhalb der Tür auf, ich kroch auf Knien ein Stück in seine Richtung, beide hielten mich weiterhin am Gurtzeug fest. "Oh mein Gott! - Achja, der innere Instruktor gibt das Zeichen zum Aufstellen...". Ich schaue zum inneren Instruktor, er gibt das Handzeichen. Ich greife mit der rechten Hand die Kante der Tür und stelle mich auf die Füße. Der Wind drückt mich ein wenig rein, ich korrigiere meine Stellung, so dass ich stabil bin. "Oh mein Gott, ich stehe 10cm von der Kante entfernt in 4000 Meter Höhe!!!". Ich gucke nach rechts: CHECK IN. Kopfnicken. Ich gucke nach links: CHECK OUT. Kopfnicken. Kopf in den Nacken PROP. HOCH. RUNTER. "OH NEIN! Der nächste Schritt ist RAUS!!! Das kann ich nicht...". RAUS!
Es ist plötzlich hell. Freifallhaltung einnehmen. Alles wirkt surreal. "Du kannst jetzt noch weiter drüber nachdenken oder einfach das Programm machen...". Höhenmesser ablesen. Unter dem Arm nach links schauen, "3800" schreien. Ich höre mich selber kaum. Daumen hoch vom linken Instruktor. "Was? Alles OK?! Kein stärkeres Hohlkreuz machen, keine längeren Beine?! Na ja gut, er wirds ja wissen...". Zum rechten Instruktor schauen, "3800" schreien. OK vom rechten Instruktor. "Wow, scheint ja zu klappen... Achja, weiter gehts...". Erster Scheingriff, ich fühle den Ball, greife, lasse los. Atmen. Ich bekomme kaum Luft. Durch die Nase atmen. Geht, aber auch irgendwie nicht richtig gut. Noch zwei Scheingriffe. Höhe ablesen. 2800 Meter. Freizeit. Zum linken Lehrer gucken. Hohlkreuz-Zeichen, Beine-länger-Zeichen. Durchdrücken, Beine weiter ausstrecken. Zum rechten Instruktor gucken. OK. Ich schaue mir die Landschaft unter mir an. Nehme sie aber nciht wirklich wahr. Beide Arme werden ein Stück zurück gezogen. "Ah, deine Arme waren wohl zu lang...". Neue Armposition halten. Höhenmesser ablesen. 2300. "Gleich den Kopf schüttlen...". Nach links gucken. OK. Nach rechts gucken. OK. Höhenmesser ablesen. 2100. 2000. Kopf schütteln. 1900. 1800. 1700. Abwinken. Arm zum Ball. Griff ins Leere. Doch, da ist er. Greifen. Kräfig ziehen. Seitlich weg schmeißen. 1000. 2000. 3000. Ein kräftiger Ruck, der ca. drei Sekunden anhält.
Es wird ruhiger. "Oh mein Gott!!! Was war das gerade?! Warte... Es ist noch nicht vorbei. Kappencheck...". Nach oben schauen, Fallschirm sieht gut aus. Steuerleinen greifen und lösen. Der Fallschirm wird schneller. Beide leinen durchziehen. Ich pendel leich nach vorne. "Bremsen klappt...". Ich gucke nach links, sehe keinen Fallschirm, ziehe an der linken Leine. Der Fallschirm lenkt nach links. "Klappt.". Ich gucke nach rechts, sehe niemanden, ziehe an der rechten Leine. Der Fallschirm lenkt nach rechts. "OK... Landeplatz suchen". Ich gucke nach unten. "Das sieht ja alles gleich aus! Ah, da, die anderen Fallschirme fliegen in diese Richtung... Da ist der Landplatz". Ich fliege den Landeplatz an. "Da ist der Windsack, er hat seine Richtung nicht geändert, wie geplant anfliegen". Das Funkgerät krächzt. "Suha, Suha. Wenn du mich hören kannst krzskraldkje.". "WAS?! - Na toll, ich kann die Anweisungen nicht verstehen. - Ok, dann lande einfach wie du denkst dass es passt". Bin am Referenzpunkt angekommen, fliege am Landeplatz entlang mit dem Wind. Drehe 90° nach rechts seitlich zum Wind. Höhenmesser ablesen. 600 Meter. "Zu hoch. Höhe seitlich zum Wind abbauen". Erreiche das andere Ende des Landeplatzes. 180° Drehung zum Wind. "Suha Suha, jetzt krzedfsdf S-Kurven krskasdjjasl". "S-Kurven?! OK...". Ich drehe gegen den Wind und fliege über der Landwiese. Mache S-Kurven um nicht zu weit nach vorne zu fliegen. Der Boden kommt näher. Näher. Ich ziehe langsam und enrgisch beide Leinen durch. Ich pendel nach vorne. Der Boden ist noch gut 3 Meter unter mir. Ich falle langsam Richtung Boden. Boden. Abrollen. Ich bin gelandet.
Direkt nach dem Sprung habe ich dann nur noch den Schirm eingesammelt und mich auf den Weg zu meinem Instruktor gemacht, der mich auch grinsend in Empfang nahm. Ich fühlte mich komisch, irgendwie unter Schock. Pure Freude war es nicht. Aber auch kein schlechtes Gefühl. Es war einfach zu extrem. Mein Kopf konnte die letzten 15 Minuten gar nicht richtig verarbeiten. Alle fragten "Wie wars?" - "Ich kann es noch nicht sagen...".
Bei der Nachbesprechung wurde dann nochmal der Sprung durchgegangen. Exit gut, Freifallhaltung gut, Scheingriffe 2 und 3 zu hektisch und nicht richtig gegriffen. Arme zu lang, nach korrektur aber gut. Richtige Höhen erkannt. Pull-Sequenz mit Hilfe gut. Next: Level 2.
Der Absprung fühlte sich an, als würde man einfach einen Schritt in einen viel helleren Raum machen. Kein Kick, kein Gefühl des Fallens, kein Achterbahn-Gefühl, nichts. Ich glaube aber dass das einfach an meinem Körper lag, der mit dieser Situation viel zu überfordert war und mit Schock reagiert hat. Mein Kopf konnte es einfach nicht verarbeiten.
Der Freifall fühlte sich auch nicht besonders an. Ich spürte im Grunde nichts, keinen Wind der gegen mein Gesicht blies, nichts. Ich hatte nur das Gefühl ich würde gemütlich auf dem Bauch liegen.
Ich glaube aber, dass es sich beim nächsten Mal ganz anders verhalten wird. Bei diesem Mal war es nur: Schock.
Ich kann jedem, der den Freifall selbst mal erleben möchte nur empfehlen einen Tandemsprung zu machen. Dort kann man sich quasi zurück lehnen und alles nur genießen, weil man sich um nichts kümmern muss. Bei einem AFF-Sprung ist man für sich selbst verantwortlich und hat einfach keine richtige Zeit es zu genießen, da man ständig etwas zu tun hat.
Ich werde in nächster Zeit erst einmal nicht mehr springen, da ich es zeitlich nicht schaffen würde die Ausbildung zu Ende zu bringen. Aber ich werde es in einigen Monaten oder Jahren auf jeden Fall tun. Und dann kann ich es mit Sicherheit auch mehr und mehr genießen.
Link zur Originalseite mit Sprungvideo: www.suha.de